Beschlusskompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels für die Erhaltungsrücklage
- Sebastian Ehrhardt
- 24. März
- 2 Min. Lesezeit

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft haben die Miteigentümer grundsätzlich die Befugnis, die Verteilung gemeinschaftlicher Kosten durch Beschluss anzupassen. Doch wie verhält es sich mit dem Verteilungsschlüssel für die Befüllung der Erhaltungsrücklage? Ist auch dieser änderbar? Zu dieser Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun eine wegweisende Entscheidung getroffen (Urteil vom 14.02.2025, Az. V ZR 128/23).
Hintergrund des Falls
Im konkreten Verfahren ging es um eine Wohnungseigentümerschaft, die sich aus Wohnungs-, Gewerbe- sowie Garageneinheiten zusammensetzt. Laut der bestehenden Teilungserklärung erfolgte die Kostenverteilung anhand der Miteigentumsanteile (MEA). Dabei wurden die Grundflächen der Wohnungen etwa viermal so stark gewichtet wie die der Gewerbe- und Garageneinheiten.
Im September 2021 beschlossen die Eigentümer, ab dem Jahr 2022 den Kostenverteilungsschlüssel zu modifizieren. Künftig sollte die beheizbare Fläche als Berechnungsgrundlage dienen, und dieser Maßstab sollte auch auf die Erhaltungsrücklage angewandt werden. Ein Miteigentümer war mit dieser Änderung nicht einverstanden und reichte eine Anfechtungsklage ein. Der Fall gelangte letztlich bis zum BGH.
Entscheidung des BGH: Verteilungsschlüssel auch für Erhaltungsrücklage änderbar
Der BGH stellte klar: Die Wohnungseigentümer sind befugt, den Verteilungsschlüssel für die Zuführung zur Erhaltungsrücklage durch Beschluss anzupassen. Grundlage dieser Entscheidung ist § 16 Abs. 2 Satz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Auch wenn Zahlungen in die Erhaltungsrücklage nicht explizit als "Kosten der Gemeinschaft" im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG bezeichnet sind, fällt die Befüllung der Rücklage dennoch unter diesen Begriff.
Dies begründet der BGH damit, dass der gesetzliche Verteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG auch für die Befüllung der Rücklage gilt. Daraus folgt zwangsläufig, dass die in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG normierte Beschlusskompetenz auch die Möglichkeit zur Änderung dieses Schlüssels umfasst.
Fazit
Die Entscheidung des BGH erweitert den Gestaltungsspielraum von Wohnungseigentümern in erheblichem Maße. Sie und Ihre Miteigentümer haben nicht nur die Möglichkeit, den allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel zu modifizieren, sondern können auch den Schlüssel zur Befüllung der Erhaltungsrücklage anpassen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Mischbefüllung unbedingt vermieden werden sollte. Dies bedeutet, dass sowohl die Befüllung als auch die Entnahme aus der Erhaltungsrücklage nach demselben Schlüssel erfolgen müssen. Eine praktikable Lösung besteht darin, die bestehende Rücklage aufzulösen und sie anschließend nach dem neuen Verteilungsschlüssel einheitlich wieder aufzufüllen.
Diese Entscheidung schafft Rechtssicherheit für Wohnungseigentümergemeinschaften und bietet eine flexible Handhabe, um Verteilungsregelungen an die individuellen Bedürfnisse der Gemeinschaft anzupassen. Gleichzeitig sollten die Eigentümer jedoch darauf achten, nicht zu häufig Anpassungen am Verteilungsschlüssel vorzunehmen. Zu viele Änderungen können zu Unruhe innerhalb der Gemeinschaft führen, das Vertrauensverhältnis zwischen den Eigentümern belasten und zu wiederholten rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Ein stabiler und nachvollziehbarer Verteilungsschlüssel sorgt für langfristige Planungssicherheit und vermeidet unnötige Streitigkeiten.
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